„Wenn sich durchs Eis die Blüten boxen, feiern Geburtstag die zwei Ochsen.“
Am Sonntag, den 24. Mai 2015, feiern zwei Plänkschter Originale, wie es nur noch ganz wenige gibt, ihren 85. Geburtstag: die Zwillinge Heinz und Hans Ochs vollenden ihr 85. Lebensjahr!
Dem Ochsen, dem männlichen Rind, wird auch in Brehms Tierleben eigentlich wenig Musikalität nachgesagt. Er ist ein Nutztier, dessen Name auch oft mal gerne auch als Schimpfwort genutzt wird. Allerdings kannte man offenbar weltweit nicht die besondere Spezies der Plankstädter Ochsen – denn hier hat die göttliche Vorsehung aus ihrem Füllhorn eine ganze Menge musikalisches Talent ausgegossen, zur Freude der beiden Ochsen selbst, aber vor allem auch zur Freude der Menschen, die von ihrem musikalischen Talent profitierten und sich daran erfreuen konnten.
Die Plankstadter Musikszene der Nachkriegszeit und der darauf folgenden Jahrzehnte ist ohne die Zwillinge Hans und Heinz Ochs gar nicht denkbar. Und ohne hier in irgendeiner Weise die Musikalität von Hans schmälern zu wollen, so darf doch festgestellt werden, dass Heinz mit seinem Talent bis heute öfter in der Öffentlichkeit musikalisch präsent war und ist als sein Bruder Hans.
Und wie immer bei den Ochse-Zwillingen werden gerade an Jubiläumstagen immer viele der alten Verwechslungsgeschichten erzählt, von denen die beiden eine ganze Menge erlebt haben. Oft war es sicher amüsant oder komödienhaft, bestimmt war es manchmal auch recht nützlich, wahrscheinlich aber im Laufe der Jahrzehnte zuweilen oft auch nervend, wenn immer wieder die Frage gestellt wurde „Weller vun eisch wars’n jetzt?“ oder zur Erklärung abgewiegelt werden mußte „Isch bin doch da anner!“ In der Tat ist die Ähnlichkeit der beiden so groß, dass es fast unmöglich erscheint, sie auseinander zu halten. Für Insider gibt es natürlich schon ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal mit ernstem Hintergrund, denn Hans wurde am Karfreitag 1945 beim Einmarsch der Amerikaner von zwei amerikanischen MG-Kugeln getroffen und an Hand und Oberschenkel verletzt. Wahrscheinlich ist es nur dem schnellen Eingreifen von Margot Schwab, der Enkelin von Dr. Paul Bönner, zu verdanken, dass er nicht verblutete, denn sie trug ihn sofort zum Apotheker Kiesecker in die Luisen-Apotheke und von dort ins Notlazarett in die Friedrichschule. Diese Handverletzung ist bis heute ein sichtbares Unterscheidungsmerkmal.
Wer wie Hans Ochs im öffentlichen Dienst tätig war, noch dazu im Rathaus der Heimatgemeinde, dessen beruflicher Werdegang liegt für jeden offen da. Am 1. April 1946 trat er als Lehrling bei der Gemeinde Plankstadt ein und am 30. April 1994 wurde er als Amtsrat nach 48 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet. Dazwischen lagen alle Laufbahnstationen eines kommunalen Verwaltungsbeamten; er arbeitete unter den Bürgermeistern Gerlach, Eberwein, Baust, Weick und Huckele; 1971 konnte er als Amtmann das 25jährige, 1986 als Amtsrat das 40jährige Dienstjubiläum begehen. Im Oktober 1966 hatte er als Gemeindeinspektor von Werner Weick, der in diesem Jahr erstmals zum Bürgermeister gewählt worden war, das Amt des Verwaltungsratschreibers übernommen. Hans Ochs darf man noch zu den ‚alten Verwaltungsbeamten von echtem Schrot und Korn‘ rechnen. Theodor Gund, Jakob Neidig, Fritz Kolb (der ‚Liga-Fritz‘), Johannes Müller (der ‚Schnackes‘), Werner Weick, Eugen Pfaff, Gustav Berger, Ernst Apfel und August Busch – alles bekannte Namen der alten Plänkschter Rathausbelegschaft – zählten zu seinen beruflichen Weggefährten.
Seit Dezember 1971 ist er verheiratet und seine aus Limburg stammende Gattin Anneliese gehört als ehemalige Vorsitzende des Plankstädter Hausfrauenbundes seit vielen Jahren zu den Stützen des Plankstadter Vereinslebens. Auch ihre Fähigkeiten als Dolmetscherin bei den Treffen mit den Freunden aus Castelnau-le-Lez sind immer wieder gefragt. Viele Jahre gehörte das außerberufliche Engagement von Hans Ochs zum großen Teil der TSG Plankstadt, der er einige Jahre als Nachfolger von Gerhard Treiber als 1. Vorsitzender vorstand. Außerdem ist er Mitglied der Feuerwehr, des PCC, der AWO und des Ortsvereins der SPD, für die er 28 Jahre als Kreisrat dem Kreistag angehörte.
Heinz Ochs stand 32 Jahre im Dienst der Firma Siemens in Mannheim und war bis zu seiner Zurruhesetzung 1988 beruflich nicht weniger erfolgreich als sein Bruder. Sein soziales Engagement führte ihn schon früh zur SPD, für die er 32 Jahre von 1962 bis 1994 dem Plankstädter Gemeinderat unter den Bürgermeistern Baust, Weick und Huckele angehörte. Heinz Ochs war zudem über Jahrzehnte hinweg Mitglied im Polizeiorchester Mannheim und prägte bis zum Frühjahr 2005 als Vorstand des Plankstädter Musikvereins das musikalische Geschehen in der Gemeinde mit. Unzählige Feiern und Festlichkeiten wurden und werden von ihm musikalisch umrahmt und nachdem er im gestandenen Alter von 50 Jahren geheiratet hatte, konnte er zusammen mit seiner als Konzertsängerin ausgebildeten Gattin Annerose, die aus Heidelberg stammt, gemeinsam so manche private oder öffentliche Feier bereichern. Wie sein Bruder gehört auch er noch zahlreichen Plankstädter Vereinen an, so der TSG, der AWO, dem DRK sowie der Wählergemeinschaft der Plankstadter Liste und dem Heimat- und Kulturkreis.
Da beide zeit ihres Lebens ein enormes Engagement für die Vereine bei vielen Gelegenheiten zeigten und ihre Talente auch stets ins öffentliche Leben einbrachten, wurde beiden vom Land Baden-Württemberg die Landesehrennadel verliehen. Auch wurde beispielsweise Heinz Ochs von der Landesregierung Rheinland-Pfalz im Jahr 1960 mit einer „Öffentlichen Belobigung“ als Lebensretter geehrt, weil er den Konditor Karl Albrecht am Mühlenteich in Bad Kreuznach vor dem Ertrinken rettete.
Wie bereits erwähnt, ist die Plankstädter Musikszene ohne die musikalisch hochbegabten Ochse–Buuwe eigentlich nur schwer denkbar. Besonders in der schweren Nachkriegszeit und der folgenden Zeit des Wiederaufbaus konnten die beiden so manche Mark durch ihre Auftritte zur Haushaltskasse beisteuern. Unvergessen ist sicher bei vielen älteren Mitbürgern die Tanzkapelle „Ramona“, die unter der Leitung von Herbert Doll im Adler auftrat; mit dabei neben den Ochse - Buuwe auch Fred Boldan und als Stehgeiger Robert Schüßler. Auch zusammen mit Dr. Lothar Gaa als Pianist, Hans Stroh jun. oder Karlheinz Silberer und Adolf Berlinghof traten die beiden auf. Ihre Engagements führten sie aber auch weit über Plankstadt hinaus; sie waren in der Region bekannt wie die berühmten ‚bunten Hunde‘ und auch hier waren Verwechslungsgeschichten an der Tagesordnung. Auch schnell mußten sie oft sein, denn man weiß ja: „Wer Klavier spielt hat Glück bei den Frau’n!“ – und die „Platzhirsche“ reagierten da oft nicht gerade zimperlich auf das Glück der Ochse-Buuwe! – Auch darüber wissen sie amüsante Geschichten zu erzählen!
Nun wäre es sicher gerade bei den beiden ‚Ochsen‘ verkehrt, wollte man ihre Bekanntheit allein in beruflichem, musikalischem oder kommunalpolitischem Engagement sehen. Mit einer Fülle von Erzählungen aus der Jugendzeit bis in unsere Zeit über Begebenheiten, Erlebnisse, auch Streiche, über Begegnungen mit den verschiedensten Persönlichkeiten könnten die Zwillinge ein abendfüllendes Programm zusammenstellen. Zeitlich eingeordnet, stellt man wie so oft fest, dass gerade die Jahre nach dem Krieg und die schwierigen Anfangsjahre bis hinein in die 50er Jahre vom gesellschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, doch die interessantesten waren. Auch die Unbekümmertheit der Jugend spielt dabei eine entscheidende Rolle. So erlitt Heinz bei einem Fußballspiel der A-Jugend eine stark blutende Platzwunde am Kopf und konnte nicht weiterspielen. Jugendleiter Karl Heid, die ‚Anisch‘, wußte Rat: Bruder Hans erhielt in der Pause einen Kopfverband verpasst, der mit etwas Blut des Bruders bestrichen wurde; so lief dieser in der 2. Halbzeit auf und erzielte gegen Kirchheim noch den Siegtreffer! – Und ähnlich wie bei der Geschichte vom Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel war der Ochs oft schon da, wenn er auch gerade noch ganz woanders gesehen worden war! Natürlich konnten sich die beiden in kniffligen Situationen schon mal ganz gut behelfen, sei es in der Schule oder sei es in den 50er Jahren beim zeitweiligen Autofahren mit nur einem Führerschein gewesen. Viele solcher Geschichten wissen die Ochse-Buwe zu erzählen, seien sie beruflicher oder privater Natur bis hin zu Verwechslungen im Krankenhaus oder – und da war es ganz besonders wichtig, auch bei so manchem amourösen Abenteuer in der Jugendzeit!
Hier im Waldpfad 16 kamen die beiden Ochse-Buwe 1930 – also in einer in Deutschland wirtschaftlich sehr schweren Zeit, zur Welt, zunächst der Heinz und wenig später der Hans. Dass die Menschen aus diesem Haus gut alt werden können, beweist auch die Cousine der Zwillinge, Frau Sannchen Treiber (96), denn auch sie wurde hier geboren. Nun werden auch die Zwillinge Heinz und Hans 85 Jahre alt und jeder der beiden kann sagen, dass er auf erfolgreiche und erfüllte Lebensjahrzehnte zurückblicken kann und weitere gute Tage in Zufriedenheit sind ihnen bei guter Gesundheit zu gönnen.
UK (Foto: Kobelke)