Was liegt denn da auf der Straße ?
Ältere Bewohner unserer Region würden uns für leicht verrückt oder zumindest für äußerst weltfremd halten, würden wir ihnen diese Frage stellen.
Denn jedes Kind konnte sie früher sofort und erschöpfend beantworten, lagen die Objekte – die Pferdeäpfel nämlich, mundartlich „Knoddl“ genannt - doch täglich auf den Ortsstraßen herum. Früher – das war zu Zeiten, als in Plankstadt und auch andernorts noch jede Menge „Gail“, also Pferde, beheimatet waren und die meisten Landwirte die Tiere noch als Arbeits- und Zugtiere verwendeten. Klar, dass man damals die Hinterlassenschaften dieser Tiere überall auf den Straßen fand. Niemand rümpfte die Nase oder betrachtete sie als grobe Verunreinigung, die der Verursacher oder sein Besitzer schnellstens zu entfernen hatte. Im Gegenteil, hörte man Hufgetrappel auf der Straße, standen manche schon mit der Schaufel (der „Dreggschibb“) hinter dem Hoftor, um nach eventuell anfallenden Knoddl Ausschau zu halten – denn, und auch das wusste jeder, die Knoddl waren ein ausgezeichnetes Düngemittel für den häuslichen Gemüsegarten! Da konnte es sogar vorkommen, dass sich Nachbarn darum stritten, wer nun als erster das Anrecht hatte, die Knoddl einzusammeln. Manche Buben verdingten sich als „Knoddlbuwe“, indem sie mit einem kleinen Wägelchen, dem „Knoddlkärschl“, durch die Straßen zogen und die Knoddl schnell aufzusammeln versuchten, bevor sie von den Anwohnern weggeschnappt wurden. Gegen ein paar Pfennige Taschengeld wurden die Buben die Knoddl dann daheim oder bei anderen Gartenbesitzern wieder los.
Eigentlich ist es aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar, wie wertvoll man damals diese tierische Hinterlassenschaft einschätzte. Dieses Denken ist den Menschen völlig fremd geworden. Vor Jahrzehnten entbrannte einmal in Oftersheim ein Streit (die Schwetzinger Zeitung berichtete damals) zwischen Reitern und Anwohnern aus den Straßen, auf denen die Reiter zum Ort hinaus in den Wald ritten. Ganz klar, dass auch hierbei immer wieder Knoddl auf den Straßen anfielen. Die Anwohner der Neubaugebiete sahen in den Knoddl lediglich eine Verunreinigung, die tunlichst zu unterbleiben hatte. Das wäre noch wenige Jahre zuvor undenkbar gewesen, als die Nicht-Landwirte noch hinterm Hoftor auf die Knoddl lauerten! Im Fernsehen ist heute manchmal zu beobachten, dass bei diversen Umzügen, an denen Pferde teilnehmen, den Tieren Säcke unter den Schweif gebunden werden, damit die Knoddl nicht die Straßen verschmutzen. - Und wann findet man diese Knoddl heute noch? Wo bewegen sich heute noch Pferde? Allenfalls vor Kutschen, die von Vereinsausflügen oder bei Hochzeiten zum Einsatz kommen. Und so werden wir den jungen Menschen von heute wieder gut erklären müssen, was da auf der Straße liegt, welchen Ursprung es hat und vor allem, welche Bedeutung es früher für die Menschen hatte. Die Pferde kümmert‘s nicht, sie haben da keinerlei historische Einordnungsprobleme. Für sie gilt: Was muss, das muss und zwar bestimmen sie den Zeitpunkt wie zu allen Zeiten selbst!
Die Älteren unter uns, die noch die alten Blumenpeter-Witze kennen, werden sich vielleicht noch an den Witz erinnern, als dem Blumenpeter von bösen Buben sein Knoddlkärschl geklaut und versteckt wurde. Verzweifelt suchte der Peter in ganz Mannheim sein Knoddlkärschl, bis er dann völlig erschöpft eine Zwangspause einlegte und dabei sein Wasser gegen einen Baum abschlug („wedda in Boam gebrunst hot“). Ein Mann sah dies und sagte mahnend ob dieser Untat: „Peter, des meschd ma ned, du woasch doch, der do owwe sieht alles!“ ( = das macht man nicht, du weißt doch, Gott sieht alles) .Schlagfertig antwortete der Blumenpeter: „Wenn des sou isch unn der alles sieht, dann woaß der sischer oa, wu mei Knoddlkärschl isch!“ (= Wenn das so ist und der alles sieht, dann weiß der sicher auch, wo mein Knoddlkärschl ist!)
Nun könnten sich die geneigten Leser trefflich darüber streiten, ob ein solcher Text über ein so anrüchiges Objekt seinen Platz im Mitteilungsblatt oder in der Zeitung oder gar auf der Homepage der Gemeinde finden muss. Aber mal ehrlich, liebe Leser, sonst ist es auch nicht immer der Weisheit allerletzter Schluss, was so täglich Eingang in unsere Medien findet – oder?
UK (Foto: Kobelke)