100 Jahre Gottesdienst in der Heimatkirche
Benediktion der St. Nikolaus-Kirche im April 1901
Es war sicher ein bedeutendes Ereignis für die Plankstädter Katholiken, als sie am 8. April 1901, dem Ostermontag, die Benediktion ihrer gerade fertiggestellten Pfarrkirche St. Nikolaus erleben durften.
Dieses Ereignis bedeutete für sie das Ende der ständigen Fußmärsche nach Schwetzingen zur dortigen Pfarrkirche St. Pankratius, zu deren Pfarrei sie gehörten. Dass die heutige Paul-Bönner-Straße für die Plänkschter noch bis zur Namensgebung (und für manche auch noch darüber hinaus) nur das „Frühmeßpädl“ war, zeigt deutlich, wie stark sich die Erinnerung den Menschen eingeprägt hatte, immerhin waren bis zu diesem Zeitpunkt ja schon über 50 Jahre vergangen!
Damals gab es keine Autos, keine öffentlichen Verkehrsmittel und die allerwenigsten dürften ein Fahrrad gehabt haben, also blieb nur der Fußmarsch und das zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Empfindlichkeit und Trägheit waren da nicht angesagt und die Erfüllung der religiösen Pflichten hatte einen immens höheren Stellenwert als in heutiger Zeit, wo sich ungünstige Witterung sofort auf die Zahl der ohnehin immer kleiner werdenden Schar des Gottesdienstbesucher auswirkt. Deshalb dürfte es auch für viele heute nur schwer nachzuvollziehen sein, was die Menschen oftmals auf sich nahmen, um den Gottesdienst zu besuchen zu können.
Nach 100 Jahren gibt es leider keine Zeitzeugen mehr, die man befragen könnte, wie es damals war, besonders dann, wenn bei der genauen Datierung des ersten Gottesdienstes Schwierigkeiten auftreten. So lesen wir bei Eugen Pfaff, dass der Walldorfer Dekan Benz am 8. April, dem Ostermontag des Jahres 1901, die Benediktion vornahm; aus den Eintragungen in den Kirchenbüchern kann man entnehmen, dass dieser Vorgang erst am 18. April, einem Donnerstag, stattfand und das Erzbischöfliche Archiv in Freiburg kann nur mit Sicherheit sagen, dass die Kirche zwischen dem 14. März und dem 18. April 1901 benediziert worden ist, denn am 14. März wurde dem Schwetzinger Stadtpfarrer Ignaz Blöder vom Erzbischöflichen Ordinariat die Vollmacht übertragen, die Weihehandlung vorzunehmen. Gesichert ist auch der Zeitpunkt, an dem die Plankstädter Katholiken ihren ersten eigenen Geistlichen bekamen: am 18. April 1901 wurde Julius Dörr von Heiligkreuzsteinach als Kurat nach Plankstadt versetzt und nahm an diesem Tag seine Tätigkeit als Seelsorger auf. Dessen erste Amtshandlungen wiederum sind in den Plankstadter Kirchenbüchern genau belegt: So empfing am Samstag, den 20. April 1901 der am 14. April geborene Martin Stroh das Sakrament der Taufe, ebenfalls am 20. April spendeten sich drei Ehepaare, nämlich die Eheleute Franz Jahn und Berta Emilie, geb. Folland, sowie Wilhelm Schenzel, geb. Gaa und Jakob Heid und Margaretha, geb. Hertlein das Sakrament der Ehe. Als ersten Verstorbenen geleitete Kurat Dörr am 28. April 1901 den erst 10 Wochen alten Peter Kolb zur letzten Ruhe; als ersten Erwachsenen beerdigte Julius Dörr am 2. Mai 1901 Theresia Hüngerle, geb. Gaa, die im Alter von 54 Jahren gestorben war.
Beständen auch Zeitungen aus diesen längst vergangenen Tagen. Zwar nahm die lokale Berichterstattung damals sehr wenig Raum ein und war auch nicht immer umfassend, im wesentlichen beschränkte sie sich auf Bekanntmachungen. Aber in der Karsamstagsausgabe vom 6. April 1901 lesen wir im Schwetzinger Tageblatt, Untertitel: Badische Hopfenzeitung, folgende Meldung:
„Die katholische Filialgemeinde Plankstadt steht vor einem wichtigen Ereignis, nämlich der provisorischen Einweihung ihres schönen Gotteshauses, welche am Ostermontag Vormittag Stadtpfarrer Blöder vollziehen wird. Damit ist für die dortigen Katholiken der Zeitpunkt ihrer kirchlichen Selbständigkeit gekommen und um diese zur vollständigen zu machen, erhalten sie auch einen eigenen Seelsorger, der bereits auf den 18. April angewiesen wird. Es war aber auch höchste Zeit, eine 1830 Seelen zählende Kirchengemeinde zu einer selbständigen zu erheben. - Die Kirche präsentiert sich äußerst vorteilhaft in Styl, Raum und Lage, der Inbau derselben: die Glasgemälde, Altäre, Kanzel etc. ist von wirklichen Künstlern auf ihrem Gebiete ausgeführt. Die großen Bemühungen des Erzbischöflichen Bauamtes und Pfarramtes sind mit dem schönsten Erfolg gekrönt. Auch die Gemeinde hat durch ihre Opferwilligkeit Großes geleistet. Möge sie auch weiterhin für die Ehre des Hauses Gottes eifern.“
Der erste Gottesdienst fand also um halb zehn am Ostermontag, dem 8. April 1901 statt und war ein feierliches Hochamt mit Festpredigt und Kirchenbenediktion. Am Nachmittag um 2 Uhr fand dann noch eine Vesper in der Kirche statt. Von dem bei Eugen Pafff genannten Walldorfer Dekan Benz ist in dem Artikel nichts zu lesen. Da Eugen Pfaff aber ein sehr akribischer Rechercheur war, wollen wir dies jedoch nicht völlig ausschließen, schließlich könnte der Schwetzinger Stadtpfarrer ja auch krank geworden sein – genau wissen wir es nicht mehr. Dass es darüber in Plankstadt selbst keine gesicherten Quellen gibt, hängt damit zusammen, dass eine Sichtung und Festschreibung der historischen Fakten erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch Eugen Pfaff vorgenommen wurde, vorher gab es kein reguläres Gemeindearchiv.
So fanden also ab April 1901 Gottesdienste und andere kirchliche Feiern in der neuen Kirche statt. Bei der Benediktion handelt es sich um eine Segnung im Auftrag des Bischofs, damit die Kirche benutzt werden kann. Den eigentliche Akt der Einweihung, die Konsekration, wird dann vom zuständigen Diözesanbischof oder seinem Vertreter vorgenommen. Auf dieses große Ereignis mussten die Plänkschter noch etwas warten. Erst drei Jahre später, am 16. Mai 1904 kam der Freiburger Erzbischof Thomas Nörber nach Plankstadt und nahm die Weihehandlung vor. Dieser zeitliche Abstand ist wohl dadurch begründet, dass bei der Benediktion die Kirche im Wesentlichen in ihren Funktionen fertiggestellt war, dass aber noch nicht alle Arbeiten beendet waren. Auch die Erhebung Plankstadts zur eigenen Pfarrei und die Investitur von Julius Dörr als erstem katholischen Pfarrer von Plankstadt kam erst ein halbes Jahr nach der Konsekration. Weitere Berichte waren in den alten Zeitungen nicht zufinden. Es mutet schon verwunderlich an, dass beispielsweise über die Konsekrierung der Kirche durch den Erzbischof keine Zeitungsmeldung vorliegt, wir lesen dazu nur, dass der Erzbischof am 16. Mai 1904 von St. Pankratius aus durch die Heidelberger Straße zur Kirchenkonsekration nach Plankstadt reiste. Kein Wort über die festliche Weihe und vielleicht damit verbundene weltliche Feiern in der Hopfenzeitung.
Jedenfalls war der April 1901 ein Monat der Freude für die Katholiken Plankstadts, hatte nun doch der mühsame Fußweg nach Schwetzingen ein Ende und endlich war auch ein eigener Seelsorger am Ort. Deshalb darf man sich auch dieses Ereignisses schon drei Jahre vor dem offiziellen 100jährigen Jubiläum in dankbarer Freude erinnern.